Vorweihnachtstrubel
Grüner Kranz mit roten Kerzen, Lichterglanz in allen Herzen
Weihnachtslieder, Plätzchenduft, Zimt und Sterne in der Luft
Garten trägt kein Winterkleid:
Wer hat noch für den Anderen Zeit?!
Doch wozu denn hetzen, eilen - schöner ist es zu verweilen
und vor allem dran zu denken, sich ein Päckchen Zeit zu schenken
und bitte lasst noch etwas Raum für das Christkind unterm Baum!
Verfasser unbekannt
Erntedank
Ein Samenkorn lag auf dem Rücken,
die Amsel wollte es zerpicken.
Aus Mitleid hat sie es verschont
und wurde dafür reich belohnt.
Das Korn, das auf der Erde lag,
das wuchs und wuchs von Tag zu Tag.
Jetzt ist es schon ein hoher Baum
und trägt ein Nest aus weichem Flaum.
Die Amsel hat das Nest erbaut;
dort sitzt sie nun und zwitschert laut
Joachim Ringelnatz
Sommer erleben
Weißt du wie der Sommer riecht?
Nach Birnen und nach Nelken,
nach Äpfeln und Vergissmeinnicht,
die in der Sonne welken,
nach heißem Sand und kühlem See und nassen Badehosen,
nach Wasserball und Sonnencreme, nach Straßenstaub und Rosen.
Weißt du wie der Sommer schmeckt?
Nach gelben Aprikosen
und Walderdbeeren, halb versteckt
zwischen Gras und Moosen,
nach Himbeereis, Vanilleeis und Eis aus Schokolade,
nach Sauerklee vom Wiesenrand und Brauselimonade.
Weißt du, wie der Sommer klingt?
Nach Flötenweise,
die durch die Mittagsstille dringt,
ein Vogel zwitschert leise,
dumpf fällt ein Apfel in das Gras, ein Wind rauscht in den Bäumen,
ein Kind lacht hell, dann schweigt es schnell und möchte lieber träumen.
von Ilse Kleeberger
Ich bin so knallvergnügt erwacht.
Ich klatsche meine Hüften.
Das Wasser lockt, die Seife lacht.
Es dürstet mich nach Lüften.
Ein schmuckes Laken macht einen Knicks und gratuliert mir zum Baden.
Zwei schwarze Schuhe in blankem Wichs betiteln mich „Euer Gnaden“.
Aus meiner tiefsten Seele zieht mit Nasenflügelbeben ein ungeheurer Appetit
nach Frühstück und nach Leben.
Joachim Ringelnatz, dt. Schriftsteller (1883-1934)
Die Schönheit feiern
Nicht ein Leben lang
auf die großen Wunder warten,
mitten im Alltag das Wunderbare entdecken.
Nicht ein Leben lang auf die große Erleuchtung warten,
mitten im Auf und Ab
die Schönheit der Schöpfung sehen.
Nicht ein Leben lang
in der Zukunft verbringen,
mitten im Suchen erkennen:
das Wesentliche ist schon da.
von Pierre Stutz (katholischer Theologe)
Denk nicht an gestern
Denk nicht an gestern, denk nicht zurück,
du bist die Zukunft, du bist das Glück.
Denk nicht an Sorgen, denk nicht an Leid,
sei zum Genießen und Frohsinn bereit.
Denk nicht, was wäre, was könnte sein
trink nicht nur Wasser, trinke auch Wein.
Denk nicht dasselbe, wie´s andere tun,
du muß in deinem Inneren ruhn.
Denk nicht vom Leben, es wäre so schwer,
laß dich doch treiben, mal hin und mal her.
Denk nicht, es könnte viel besser auch sein,
die Fülle des Daseins lädt dich doch ein.
Denk nicht, das Schicksal behält dir was vor,
geh deinen Weg, und öffne das Tor!
Denk nicht, du fällst dem Vergessen anheim,
du bist ein Gedicht, du bist Gottes Reim.
(Helmut Kurz)
Der Schneck
...Jetzt in dichbelaubten Hecken,
Wo es still verborgen blieb,
Rüstet sich das Volk der Schnecken
Für den nächtlichen Betrieb.
Tastend streckt sich ihr Gehörne.
Schwach nur ist das Augenlicht.
Dennoch schon aus weiter Ferne
Wittern sie ihr Leibgericht...
von Wilhelm Busch
Wilhelm Busch
Sie war ein Blümlein hübsch und fein,
Hell aufgeblüht im Sonnenschein.
Er war ein junger Schmetterling,
Der selig an der Blume hing.
Oft kam ein Bienlein mit Gebrumm
Und nascht und säuselt da herum.
Oft kroch ein Käfer kribbelkrab
Am hübschen Blümlein auf und ab.
Ach Gott, wie das dem Schmetterling
So schmerzlich durch die Seele ging.
Doch was am meisten ihn entsetzt,
Das Allerschlimmste kam zuletzt.
Ein alter Esel fraß die ganze
Von ihm so heißgeliebte Pflanze.